Lassen sich Daten von Odoo automatisiert zu DATEV übertragen, damit der Steuerberater sie weiterverarbeiten kann? Diese Frage gehört zu den häufigsten, die Kunden bei der Entscheidung für Odoo als ERP-System stellen.
Schließlich stammt die in Steuerberatungskanzleien meistverwendete Software aus dem Hause DATEV, jenem Nürnberger Softwareunternehmen, das seit seiner Gründung im Jahre 1966 Standards für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Anwälte gesetzt hat. Nicht selten ist also die Möglichkeit, eine Verbindung zu DATEV herzustellen, entscheidend für die Auswahl des ERP-Systems durch ein Unternehmen.
Grund genug also, sich einmal mit den Möglichkeiten Datenübertragung von Odoo zu DATEV zu beschäftigen.
Warum Daten von Odoo nach DATEV übertragen?
Zwar lassen sich Umsatzsteuervoranmeldungen und Jahresabschluss mittlerweile auch mit Odoo (v12) erledigen. Dennoch fragen viele Kunden weiterhin nach einer Schnittstelle, über die sie ihre Belege und ihre Buchungen aus Odoo heraus automatisch an ihren Steuerberater übergeben können, der in der Regel mit DATEV arbeitet. Auch viele klein- und mittelständische Unternehmen setzen für ihre Finanzbuchhaltung auf DATEV Software und leisten sich eine DATEV-Installation auf eigener Hardware (‚on premises‘) oder nutzen die Software-as-a-Service-Lösung ‚DATEV Unternehmen online‘.
Und falsch ist es ja auch nicht, dem Steuerberater Einblick in die Belege und die vorgenommenen Buchungen zu geben, denn auf diese Weise überprüft der Steuerberater noch einmal, ob alles vollständig ist und alle Konten korrekt zugeordnet sind. Das Unternehmen verschafft sich damit nicht zuletzt die Sicherheit, seine Buchführung nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) erledigt zu haben.
Art der übertragenen Daten
Die wichtigsten zu übertragenden Daten sind die von Odoo generierten Buchungssätze, also jene Summen, die nach den Regeln der doppelten Buchführung auf bestimmte Konten gebucht werden. Doch auch Daten zu Kreditoren und Debitoren sowie zur Lohn- und Gehaltsabrechnung werden von DATEV-Software erfasst. In der DATEV-SaaS-Lösung ‚DATEV Unternehmen online‘ lassen sich auch Belegbilder im pdf-Format ablegen.
Wie werden Buchungsdaten von Odoo nach DATEV übertragen?
Prinzipiell landen alle vom Unternehmen übermittelten Buchhaltungsdaten, egal, ob über eine on premises- oder über eine SaaS-Lösung übermittelt, in einer Art ‚Blackbox‘ bei DATEV. Die proprietäre DATEV-Software verarbeitet diese Daten und liefert dem Steuerberater oder dem Unternehmen, je nach gebuchtem Paket Auswertungen zur Umsatzsteuer, Einkommenssteuer etc. zurück.
Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten, Daten nach DATEV zu übertragen:
• DATEV classic: eine auf ASCII basierende csv-Schnittstelle
• DATEV connect : eine REST-API Odoo-DATEV-IF
• Datev connect online
Schauen wir uns alle drei einmal genauer an.
DATEV classic
Wie der Name schon suggeriert, handelt es sich bei DATEVclassic um eine nahezu schon ‚historische‘ Form der Datenübertragung, denn es werden mit Hilfe einer csv-Datei ASCII-Daten übertragen.
Dies funktioniert recht zuverlässig und ist immer die letzte Lösung, wenn andere Übergabeformate nicht greifen. Die csv-Schnittstelle kann zudem genutzt werden, ohne spezifische DATEV-Software kaufen zu müssen.
Auf dieser csv-Schnittstelle basieren die DATEV-Module, die das Odoo-Partnerunternehmen Ecoservice für die Odoo-Versionen v8 bis v12 (*sowohl für die kommerzielle Enterprise als auch für die kostenfreie Community-Version?) anbietet. Das Modul ‚Odoo Datev Export kostet 550 Euro (netto). Ebenfalls zu haben sind ein Modul für den Export der Stammdaten aus Odoo und für den Import der Buchungssätze aus DATEV nach Odoo (je 350 Euro netto). Nach dem Kauf im Online-Shop wird den Usern das Modul per Mail zugeschickt und kann vom Administrator installiert werden.
Link: https://www.ecoservice.de/page/odoo-datev
Allerdings ist es nicht möglich, über die DATEV classic Schnittstelle auch Belegbilder zu übermitteln.
DATEV connect
Bei DATEV connect handelt es sich um eine moderne REST API Schnittstelle, die auf dem OpenAPI / Swagger API-Konzept beruht und gut dokumentiert ist.
DATEV connect ermöglicht es, alle entscheidenden Daten aus Odoo (Rechnungswesen, Lohnbuchhaltung, Stammdaten wie Kreditoren und Debitoren) nach DATEV zu exportieren und auch einen Rückfluss von Daten von DATEV zu verarbeiten. Diese Schnittstelle stellt also die umfassendste technische Lösung dar.
Leider kann sie nur genutzt werden, wenn der Software-Kunde eine eigene DATEV-Installation im Hause hat. Außerdem muss das verwendete ERP-System in der Lage sein, auf diese DATEV-Instanz über ein ‚Trusted Network‘ zuzugreifen. Aus Gründen der DSGVO-Konformität ist es dann aber wiederum offenkundig nicht möglich, Daten der firmeninternen DATEV-Instanz an die DATEV-Installation des Steuerberaters zu übertragen. Das System eignet sich also nur für Unternehmen mit versierten Buchhaltern, die selbst ihre Buchungen überprüfen und an das Finanzamt übermitteln können.
DATEV connect online
Die dritte Schnittstelle, DATEV connect online, hat nur den Namen mit ihrer ‚großen Schwester‘ DATEV connect gemein. Technisch handelt es sich um eine XML-basierte Schnittstelle, die Daten direkt an das DATEV-Rechenzentrum übergibt. Buchhalter in den Unternehmen und auch Steuerberater können aus DATEV Unternehmen online auch bequem ihre Daten aus dem DATEV-Rechenzentrum abholen.
Diese Schnittstelle ist nur in Verbindung mit dem Kauf der SaaS-Lösung DATEV Unternehmen online nutzbar. Ihr Funktionsumfang reicht nicht so weit wie DATEV connect: Sie bietet zum Beispiel nicht die Funktionen der Lohnbuchhaltung. Sie ermöglicht jedoch den Transfer von Buchungssätzen und – für viele Unternehmen entscheidend – von Belegbildern im pdf-Format, während die csv- und die DATEV connect-Schnittstelle ausschließlich Zeichenketten verarbeiten.
DATEV selbst wirbt für sein SaaS-Angebot mit der nun endlich möglich gewordenen digitalen Zusammenarbeit von Unternehmen und Steuerberatungskanzlei. Die Kosten für eine Nutzerlizenz beginnen bei 10,50 Euro monatlich. Der Zugang zur Software-Lösung erfordert eine von DATEV ausgestellte Smartcard.
Infos zum Programm: https://www.datev.de/web/de/top-themen/unternehmer/weitere-themen/datev-unternehmen-online
Die technische Spezifikation dieser dritten Schnittstelle ist nur für IT-Unternehmen verfügbar, die DATEV-Partner sind. Eine Offenlegung des Codes war für 2019 bereits einmal angekündigt, scheint jedoch noch länger auf sich warten zu lassen.
Vor- und Nachteile, Möglichkeiten
Die Lage ist also kompliziert, und der Marktführer DATEV unternimmt nur sehr zögerliche Schritte, diese Situation zu verändern.
Was also tun, wenn die Entscheidung für oder gegen Odoo an der DATEV-Anbindung hängt?
Prinzipiell kein Problem mit einer DATEV-Anbindung haben jene (wenigen) Unternehmen, die selbst eine on premises-Instanz von DATEV nutzen. Mit Hilfe der REST API Schnittstelle lassen sich alle Beleginformationen sowie Kreditoren- und Debitoren-Daten zwischen von Odoo und DATEV austauschen. Es fehlen jedoch auch bei dieser Lösung die Vorteile, die die Schnittstelle DATEV connect online bietet: die Übermittlung der Belegbilder, die mancher Steuerberater ebenfalls gern zur Überprüfung der vom Firmenbuchhalter vorgenommenen Buchungen einsehen möchte. Diese Funktionalität bietet nur DATEV Unternehmen online, das auch die OCR-Texterkennung der Angaben auf den Belegen ermöglicht und dem Anwender so das mühsame Abtippen von Belegdaten abnimmt.
Offenkundig plant DATEV auf absehbare Zeit nicht, eine Schnittstelle bereitzustellen, die die Vorteile beider Lösungen zusammenfasst und die zugleich online wie offline zu benutzen wäre. Auch die Erweiterung des Funktionsumfangs von DATEV connect online, z.B. um die Lohnbuchhaltung, ist nicht geplant.
Wer auf eine klassische Community-Version gesetzt hat, kann mit Hilfe der alten csv-Export-Lösung die Buchungsdaten seines Unternehmens vergleichsweise sicher zu DATEV übertragen. Es fehlt jedoch die Bequemlichkeit des Transfers der Belegbilder in pdf-Form.
Hier könnte das von DATEV bereitgestellte Tool ‚Belegtransfer‘ eine Hilfe sein, für das allerdings ein Zugang zu DATEV Unternehmen online erforderlich ist.
Ausblick
Aktuell gibt es also noch keine einfache Möglichkeit, durch die Verwendung vorgefertigter Odoo-Module sowohl Buchungssätze auch Belegbilder an DATEV zu übertragen. Für die komfortable ‚Knopfdruck‘-Lösung muss noch immer Hand angelegt werden.
Doch eine auf die Odoo-Installation des Kunden angepasste Lösung, die die Buchhaltungsdaten mit Hilfe der csv-Schnittstelle und die Belegbilder mit Hilfe des DATEV-Tools ‚Belegtransfer‘ übermittelt, kommt dem Ziel schon ziemlich nahe.
Und dann gibt es ja noch die Möglichkeit, auch ohne DATEV mit Odoo die komplette deutsche Buchhaltung zu erledigen … Hierzu mehr in einem späteren Blogbeitrag!